Auf dem
Mulde- und Elbe-Radweg




 
Man muss die Feste radeln, wie sie fallen... Ostern fällt dieses Jahr zeitig. Dafür kommt der Winter irgendwie recht spät – und macht aus Gründonnerstag einen Weißdonnerstag.




Vom Eise befreit sind Strom und Bäche, ich radle durch den Winterwunderwald. Nur Fuchs und Hase haben diesen Weg heute vor mir benutzt, verraten die Spuren im Schnee.





Zwar Wintertage haben wohl auch der Freuden viel, man kann im Schnee frisch traben... Ach, wenn's doch erst gelinder und grüner draußen wär!




Karfreitag. Vom Eise befreit sind endich auch Straßen und Wege... Im Tale grünet Hoffnungsglück.




Die Phalanx aus meterhohen Photovoltaikwänden, die das Muldeufer bei Kössern verschandeln, ist noch im Standby-Modus - kein Sonnenstrahl kitzelt bisher die Solarzellen.




Vor einem Vierteljahrhundert verscherbelte die Treuhand der Deutschen Bahn die Immobilien der Reichsbahn. Und wenn der DB-Vorstand nicht gestorben ist, dann werden diese Altlasten auch in 25 Jahren noch bewundert werden können.




Am Abend setzt sich endlich die Sonne durch! An der Gierseilfähre beim Dorf Gruna könnte man glatt Frühlingsgefühle bekommen.




Die Sonne steht tief und lädt zum Verweilen am lauschigen Flussufer ein. Aber mein nächstes Quartier, Bad Düben, ist noch weit...






Samstag. In einem Wäldchen vor Muldenstein: „Greenfield Solar Global ist im Stande, Objekte aller Größenordnungen und Schwierigkeitsgrade schnell, professionell und in höchster Qualität anzugehen“ - die landschaftsgestalterische Integration von Altlasten gehört offensichtlich dazu...
 




Die Mulde durchschlängelt Dessau von Südosten her
durch einen herrlich wilden Park, einen Teil seiner Wildheit verdankt die Landschaft auch noch den Stürmen der verganenen Tage.




Sonntag. Das Landhaus im Nordosten von Dessau, wo ich abends gut trank und nachts gut schlief, ist morgens vor um acht noch verschlossen. Statt eines frühzeitigen Osterspaziergangs bleibt vorerst nur der Blick aus dem Fenster...



Elbe-Radweg: Von Dessau nach Meißen





Mal stehen gar keine Wegweiser, mal sind sie an der falschen Stelle aufgestellt - und manchmal werden die Verbotsschilder vom Hochwasser 2013 gleich fürs nächste stehen gelassen... Alles zusammen sorgt für Überraschungen jeneseits der ausgerollten Pfade...




Solitude im "Dessau-Wörlitzer Gartenreich" - vor Jahren nur zwei Säulen auf einer Treppe, kann man sich seit 2013 wieder fürstlich einsam fühlen - zumindest in den frühen Morgenstunden.



Die Elbauen bieten dem scheuen Graureiher ein gut überschaubares Exerzierfeld. Seinem scharfen Auge entgeht nichts: Traue keinem, der anhält! lautet das Motto des notorischen Einzelgängers - ich glaube, ich werde ihm immer ähnlicher, seit ich mit dem Rad durchs Land fliege.




Am östlichen Ende des Wörlitzer Gartenreiches ließ Fürst Franz den daheimgebliebenen Untertanen ein Stück süditalienische Idylle nachbauen, samt feuerspeiendem Mini-Vesuv. Vorsicht! Seit 2005 ist der Vulkan wieder aktiv!


 
Nach Bleddin geht es auf dem Deich entlang, aus lichter Höher ist die Umgebung besser zu erkennen. Bei einem stillen Tümpel hat jemand einen alten Picknick-Stuhl an den Wegesrand gestellt - den funktioniere ich kurzerhand zum Tischlein um und halte in der Mittagssonne Rast. Gelegentlich vorbeiradelnde Einheimische wünschen mir Frohe Ostern.




Die Hochwassermauer an der Einfahrt ins Dorf Polbitz wirkt solide - aus der Ferne wenigstens. Es gibt genügend Gründe, gegen technokratische Allmachtsphantasien kritisch zu bleiben. Aber derzeitig sind die Elbefluten fern, alles eitel Sonnenschein. Hier mag ich heute Nacht mein müdes Haupt zur Ruhe betten.




Ein Bilderbuchdörfchen ganz nach meinem Geschmack. Kein Traktor, kein Rasenmäher - und kein kläffernder Hund stört mein empfindliches Musikergehör. Alles ein bissel wie früher - als wäre hier die Zeit stehen geblieben.




Ostermontag. Sonnenschein und Regenschleier, echtes Aprilwetter begleitet mich heute. Begleitet ist das richtige Wort, denn an der Elbe weht der Wind überwiegend von Nordwest, also überwiegend mit mir gen Osten und Süden!




Nachdem ich geschichtsschwere Städte wie Torgau und Mühlberg hinter mir gelassen habe, erreiche ich das unscheinbare Dörfchen Gaitzschhäuser - ein Dutzend Häuser an einer Biegung der Elbe. Dennoch saßen die Bewohner mehrfach in der makabren Loge der Kriegsgeschichte. In Sichtweite, bei Krienitz, begegneten sich erstmals die Panzerarmeen der Weltkriegsalliierten, an gleicher Stelle übte der Warschauer Pakt später seine Kriegsspiele.




Nach der nächsten Flussbiegung verschandeln die Chemiewerke von Nünchritz den Horizont. Das Gewirr aus Rohren, Schornsteinen und Silos ragt in den grauen, regenschweren Nachmittagshimmel. Ein Rabe kontrolliert das Revier von seinem Wachturm.





Die Abendsonne tunkt den nackten Sandstein eines alten Steinbruchs an der Schlaufe bei Diesbar-Seußlitz in ein flammendes Spiel aus Licht und Schatten.




Am Ende des Tunnels, nein, am Ende des Horizontes ist Licht. Die Silhouette von Meißen schimmert im tiefen Winkel der letzten Sonnenstrahlen.


Reichen diese Bildeindrücke von den Landschaften an Mulde und Elbe als Inspiration für eine eigene Tour? Dann aufgesattelt und hinaus ins freie Feld - denn der Frühling hat sich eingestellt... Oder darfs noch ein bissel Stallgeruch sein? Wer den Schweiß der Verzeiflung nicht scheut, der an mancher Wegesgabelung auf meiner Stirn stand, wer aus meinen Fehlern Rat ziehen mag und nicht die profane Dokumentation von Kilometerangaben und Pulsschlag erwartet, der kann gern im ungekürzten, aber durchaus leicht geschönten Tagebuch eines einsamen Pedalritters hier weiterlesen...

ON THE R(O)AD
Unterwegs mit der Ukulele


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