Zwischen London und Schottland gibt es zwei Dutzend Ukulele-Clubs,
die meisten in und um die englische Hauptstadt. In einem davon ließ ich mich blicken - und hören. Doch den Städten galt mein Interesse weniger. Mich reizte vor allem das Ländliche,
die "Back Roads" - nach einem gleichnamigen Reiseführer. Und dort fand ich, neben den Landschaften, die ich suchte, unerwartet auch Musik - und Publikum.
12. Juli. Beim Zwischenstopp in Brüssel treffe ich Herman Vandecauter und besuche mit ihm und seiner
Ukulele-Schülerinnen Paulien Randou das Musikinstrumente-Museum, eine riesige Sammlung
alter Instrumente, vor allem aus der Barock-Zeit. Anschließend haben
wir eine Ukulele-Session.
14. Juli: Beachy Head in East
Sussex
Cliff Edge, East Sussex
15. Juli: Stonehenge, Wiltshire
- Salisbury Plains. Die meterlangen Steine haben die steinzeitlichen Erbauer
aus dem 250 Meilen entfernten Wales anschleppen lassen - viel Aufwand für
Rituale rings um die astronomische Faszination einer prähistorischen
Kultur. Wie an allen baulichen Sehenswürdigkeiten scheint neben dem
"Ich vor dem ..."-Motiv ein besonderer Reiz darin zu liegen, das
Große zu verkleinern, das Überwältigende in das Format einer
albernen Pose zu zwängen.
Vorkeltisches Steinzeitmonument,
ca 5000 Jahre alt.
16. Juli: St. Michael's Mount. Bei Ebbe ist die vor der Küste Cornwells
liegende Insel trockenen Fußes zu erreichen. Die mittelalterliche Kapelle
(15. Jhdt.) auf dem Gipfel des Berges st bis heute eine Pilgerstätte
- da weniger bekannt als das französische Pendant (Mont Saint Michel)
hält sich der Besucheransturm jedoch in Grenzen.
Tintagel - King Arthur's Castle, behauptete ein Vhronist im 12. Jhdt. Das
kleine Tourikaff in der Nähe außer dem Mythos um die Ritter der
Tafelrunde nicht zu bieten. Im Hotel "Camelot" lässt es sich dennoch
fürstlich übernachten.
18. Juli. Caernarfon Castle - eines der einstigen Eingeheime von Edward I.
(Ende des 13. Jhdt.), an strategisch wichtiger Stelle zur Insel Auglesey,
North Wales, wo ich in der kleinen Hafenstadt Beaumaris übernachte.
Auch dort gibt es ein kleines Castle mitten in der Stadt, das wurde jedoch
nicht vollendet.
Schau mir in die Augen, Kleines... Funktioniert hinter jeder Kurve im Snowdonia,
bei "walisischem Wetter" (Regen) sind andere Aufnahmen der
Gebirgslandschaft kaum zu machen
19. Juli. Um Liverpool kommt man nicht herum, durch einen Maut-Tunnel gelangt
man direkt ins Stadtzentrum, wo es natürlich ein Beatles-Museum gibt.
Das spare ich aus, denn um Paul McCartneys Hosenknöpfe in einer Vitrine
zu sehen, muss ich weder Zeit noch Eintrittsgeld verplempern. Der industrielle
Speckgürtel der nordenglischen Hafenstadt lässt verstehen, warum
die berühmetesten Liverpooler die Stadt verlassen haben, als sie das
nötige Kleingeld eingespielt hatten...
Auch in der "Beatles-Stadt"
ist der Regen mein treuester Begleiter. So bleibt es bei einem kurzem Fotostopp
- und dann heißt es wieder: Alex, you can drive your car...
20. Juli: Um auf die Landzunge Kintyre zu kommen, kürze ich mit
der Fähre über die Insel Arran in Südwest-Schottland ab, dann
in den südlichsten Zipfel von Kintyre. Der dortige, sehr abgelegene
Leuchtturm ist seit 1977 weltbekannt und dennoch nicht von Touristen belagert
- ein Tor versperrt die letzten 7 Meilen kurvige, schmale Passstraße,
privates Land. Spät abends finde ich Quartier bei einem Farmer, der
mir erklärt, ich könne ruhig durch das Tor, müsse es nur hinter
mir schließen, wegen der Schafe. Am nächsten Morgen versusche
ich die Fahrt erneut, versinke auf dem Berg im dicken Nebel, der sich am
Küstenhang wieder auflöst, dann ist es noch eine Meile Fußweg
zum "Mull of Kintyre"...
100 Meilen Umweg wegen eines
McCartney-Songs. Doch bei der Rückfahrt begegne ich in einer Ausweichbucht
noch zwei "Verrückten": Thüringen grüßt Sachsen, ruft
mir ein älteres Ehepaar zu.
22. Juli. Nach einer atemberaubend
schönen Fahrt über die "Road to the Isles" und Camping an der
Küste nehme ich in Malaig die Fähre zur Isle of Skye. Endlich bin
ich auf der "sunny side", denn im Osten Schottlands regnet sich ein atlantisches
Tief weiter ab. Trotz meiner zeitigen Ankunft gegen zehn am Morgen ist es
schwierig, eine preisgünstige Unterkunft zu finden. Dormitary mit 12
Leuten in einem Zimmer ist nix für mich, 65 Pfund für ein Hotelzimmer
erst recht nichts, alle B&B haben "no vancancies" - es ist "high season"
und dazu noch "weekend". zum Glück finde ich dann doch noch was Moderates
für 38 Pf. Und die Insel mit ihren drei großen Lndzungen ist
tatsächlich ein besonderes Erlebnis, selbst Palmen stehen an der Küste
dieser nordwestlichen Insel der Inneren Hebriden.
Die endlosen Serpentinen zum Neist Point Lighthouse sind ein Höhepunkt
der Skye-Rundfahrt. Das angepriesene Nachtleben im Hafenviertel der angeblichen
Hippie- und Aussteigerklitsche ist hingegen enttäuschend. Ein Cowboy
mit Klampfe gibt Allerwelts-Songs zu Halb-Playback zum Besten. Nach wenigen
Sekunden in überfüllten, lauten Pubs (hier gesprochen wie geschrieben),
bin ich wieder draußen. War das die schwarze Katze von links nach rechts,
die meinen Weg oben in den Bergen querte? Nein! Die ist für meinen
ausgelaufenen Rotweinschlauch verantwortlich. Zum Glück hat meine Kabelage
im Fond keinen Schaden genommen. Eine Galone kann ich auch noch retten.
23. Juli: Bei der Weiterfahrt in nördlicher Richtung - über die
Western Ross Coastail Road pausiere ich in Shieldaig am Loch Torridon, da
spielt eine Harfinistin. Auf ihre Frage hin wünsche ich mir was
Traditionelles - sie erzählt mir dann, es gäbe heute abend in Torridon,
6 Meilen weiter, ein Konzert in der "Town Hall"...
Wie ich kurz darauf feststelle,
ist es ein Dorf mit vielleicht 100 Seelen, aber immerhin eine "Konzerthalle"
- und da ist auch ein Youth Hostel - nach einer Woche wieder mal mit
Internet.
Die Band ist der Tradition verpflichtet und spielt vor allem zur Pflege des Ceilidh...
Ceilidh: Beim irisch-schottischen Line Dance ist Jung und Alt zusammen, mit Touristen aus südlichen Ländern Hand in Hand.
25. Juli. Orkney Islands: Glückliche Kühe, satt, faul, aber neugierig... Die Orkneys locken mit einigen archäologischen Sehensürdigkeiten, doch die Hafenorte Stromness
und Kirkwall bieten Tristesse. Graue Häuser vor grauem Himmel,
bei Ladenschluss ist kein Mensch mehr auf der Hauptstraße. Da will man schnell wieder weg...
Wenn man allerdings die morgendliche Fähre verpasst, bleiben bis zur Mittagsfähre etliche Stunden... Und die muss man sich ja bei trüben, Nieselwetter irgendwie vertun... Manchmal ereignen sich dann Dinge, da ist man hinterher froh, dass man die Fähre knapp verpasst hat...
Standing Stones of Stenness,
gleich in der Nähe ein weiterer neolythischer Steinkreis, so groß
wie Stonehenge, etwas weiter die besterhaltenen Reste eines Steinzeitdorfes
- Skae Brag, mit ertaunlichem Komfort im Sanitärbereich, der nach Badewanne
und WC aussieht...
Italian Chapel -
Ein gnädiger britischer Offizier gestatt 1943 italienischen Kriegsgefangenen den Bau einer kleine Kapelle. In der kühlen Einöde der südlichen Orkneys ließ Churchill die sonnenverwöhnten Italiener schuften, um die "Churchil Barierres" zwischen den Inseln zu errichten, die den feindlichen Schiffsverkehr blockieren siollten.
Nostalgie: Alte Telefonzellen trifft man sogar auf verlassenen Landstraßen an. Die Relikte aus einem Zeitalter vor Handy und iPhone sind weiterhin in Betrieb. Auch Oldtimer sind keine Seltenheit in Großbritannien. Auf dem Weg von Inverness nach Aberdeen fahre ich durch die Cairngorm Mountains und begegne ganzen Kolonnen von "Sonntagsfahrern".
In abgelegenen Landstrichen mag es Funklöcher geben, da tut die gute alte Telefonzelle weiterhin ihren Dienst.
Zu jedem Castle gehören großzügige Parks und Gartenanlagen, deren teppichgleiche "englische Rasen" von stolzen Bäumen beschattet werden, hier am Cawdor Castle bei Inverness.
26. Juli. Dunrobin Castle, Residenz der Dukes of Sutherland
- innen darf man leider nicht fotografieren, dabei ist die viktorianisch eingerichtete Innenausstattung
- von der Bibliothek bis zum Kinderzimmer (viel seltsames Spielzeug) - sehr
nach meinem Geschmack - ein großer Bildband aus dem Gift Shop
(Souvenirladen) muss mit nachhause. Darin lese ich, dass die zahlreichen Türmchen dieses Schlosses die Fantasie des Bayernkönigs Ludwig ebenso beflügelten wie die Erbauer diverser Disneylands.
Badbead - ein (um 1900) verlassenes
Fischerdorf an der Steilküste nördlich Helmsdale. Nicht jeder
konnte sich den Luxus der Dukes leisten... Die Landlords, einschließlich der Herrschaften von Dunrobin Castle, vertrieben Ende
des 18. Jhdt. zahlungsunfähige Bauern von ihren Höfen, die dann ihre Zuflucht an
jener unwirtlichen Steilkürste suchten.
Inverness, eine quirlige Kleinstadt
(die nördlichste des Vereinigten Königreiches) mit etlichen Pubs,
Lädchen, Kirchen und Castles - wenn man erst am Abend eintrifft,
zwangsläufig in dieser Reihenfolge.
Sonnenuntergang am Ness, dem Fluss, der einem "ungeheuerlich" tiefen See entspringt und nur 10 Meilen weiter, hier in der Hafenstadt Inverness in den Moray
Firth mündet.
Im "Hootenanny" treffe
ich die Harfenistin und ihre Band wieder, auch sie haben inzwischen die Küste gewechselt, vom Wetsen in den Osten.
Fußgänger-Hängebrücke
in Inverness. Abends sitzt Jung und Alt an den Ufern des kurzen Flusses.
Inverness Castle
Statt der angekündigten Session spielt eine andere junge Band schottische Folklore, da habe ich die
Uke umsonst mitgebracht.
Abendliche Kilt- und
Dudelsack-Parade in Inverness. Da klicken die Kameras und Händys im
Sekundentakt, um schottische Folklore einzufangen.
27. Juli: Ganz so komfortabel
wie die Gemächer im Cowdor Castle ist die sonst vorzügliche
Jugendherberge in Inverness nicht, aber immerhin konnte ich nach einer Nacht
mit schnarchenden alten Säcken in einem Zimmer zu einem Single Room
wechseln.
Dores Inn - gemütlicher
Landgasthof am "anderen" Ufer des Loch Ness. Sieht man vom allgegenwärtigen
Nessie-Kitsch (z.B. im Loch Ness Visitor Center) ab, hat die Umgebung viel
an Landschaft und romantischem Mauerwerk zu bieten. Irgendwann reicht einem
jedoch die Besichtigung von Schlossruinen.
Loch Ness - Fotos vom berühmtesten Ungeheuer der Welt kann ich nicht beisteuern, aber wer es denn unbedingt wissen will, was der Schotte unterm Schottenrock trägt, bitteschön...
Wenigstens am Postkartenstand wird das große Geheimnis etwas gelüftet...
Edinburgh - eine
äußerst fotogene Stadt, sowohl was die Baususbstanz und großen
Gartenanlagen betrifft als auch was die Leute betrifft, die mitten im
Gewühl der kulturellen Hochburg flanieren, picknicken und den Touristen Artistische und Musikalisches vorführen.
Auf der Royal Mile konzentrieren sich die Pubs und Souvenirläden, passendes
Millieu für Straßenmusiker und -artisten, die teils professionell,
zumindest routiniert, für Kurzweil sorgen. Doch zwischen den sieben
Hügeln der Stadt gibt es mehrere Hotspots, kleine und große Gardens
und Parks. Auf dem Arthur's Seat, einem vor Jahrmillionenen verloschenen
Vulkan, kann man Wandern und dem Gedrängel der Stadt entfliehen, in
das ich besonders geriet, da während meines Bummels gerade mal wieder
eine jener royalen "Traumhochzeiten" stattfand: Zarah und Mike...
Tradition verpflichtet: zur Ausstattung eines Dudelsackisten gehören neben Krawatte und Kilt auch Kniestrumpf und altmodisches Schuhwerk...
Das Gedudel der Sackpfeifen
(Bagpipes) kann auf die Dauer nerven... Nach einer kurzen Umschulung konnte
ich diesen jungen Mann vom Kauf einer Ukulele überzeugen...
Sehen und gesehen werden: Vom eigenen Fensterplatz lässt sich das Gewühl an der Ecke Royal Mile / Bridge Street gut überschauen, aber auch die Chance, selbst wahrgenommen zu werden, steigert sich.
In den vielen Parks der schottischen Hauptstadt tummelt isch vor allem die studentische Jugend. Wer der "baggern" wil, sollte sich wenigstens mit Fächern wie Mathematik, Physik, Chemie und Bio auskennen.
Edinburgh bei Nacht - jede
Menge Pubs und Bars und und... Laut, fast wie New York, a town that never
sleeps, die Sirenen schreien unentwegt, nach zwei Nächten sehnt man
sich nach der Ruhe der Back Roads und der kleineren Orte, aber ich habe die
dritte schon im Voraus bezahlt und will noch ein paar Museen abklappern -
zum Beispiel die überschaubare National Gallery of Scotland, in der
einige der uns wohlvertrauten "Alten Meister" zu bestaunen sind, aber auch
schottische und englische Werke. Hauptmotive: Fürstlicher Prunk, glorreiche
Kriegsgemetzel, religiöse Fantasien - mit einem Wort: Auftragswerke.
Ein paar Impressionisten finden sich jedoch auch.
Edinburgh - in den Touri-Meilen der schottischen Hauptstadt dudeln die Dudelsäcke an allen Ecken...
Die vielen Kilts sind auf Dauer eintönig - da ist so eine einfache,
geblümte, ganz schlichte kurze Hose doch mal eine nette Abwechslung
im sonst karierten Straßenbild.
Im Museum of Childhood ist Nostalgie unvermeidbar.
Tune Army Ukulele Club - Monday Ukulele Session
The White Horse of Kilburn
- 1857 von einem Dorflehrer mit seine Klasse aus dem Berg "geschnitten" und
seither immer wieder weiß getüncht. Es gab Ähnliches, aber
kleiner, in Südengland, wo kalkhaltiges Gestein das Färben
erübrigte. Solche Orte entdeckt man manchmal per Zufall, auf der Suche
nach anderen, die einem nur wegen eines romantischen Ohrwurmes anziehen -
um dann festzustellen, dass Scarborough ein Möchtegern-Las Vegas mit
Strandpromenade ist, doch davon ist die badetaugliche Küste im Süden
Großbritaniens gesäumt, wie ich später feststellen kann.
Am ersten Montag des Monats trifft sich der "Tune Army Ukulele Club" im "Bay
Horse". Zufällig bin ich gerade an diesem Abend in Wickham, einem Vorort
von New Castle. Die Mitglieder sind überwiegend Senioren und das Repertoire
entsprechend - man singt gemeinsam die Oldies der 60er Jahre, z.B. "Delilah"
von Tom Jones. Ich schrammle etwas mit - und trage zwei solistische Einlagen
bei, nach einer Stunde verabschiede ich mich.
Singin' in the rain... Mal wieder begrüßt mich eine Stadt von ihrer nassen Seite, doch kurz vorn Sonnenuntergang entschädigt mich die historische Altstadt doch noch mit bestem Fotowetter.
Die beiden Türme des York
Minster überragen die Gebäude der historischen Altstadt von York
- so wie einst die Twins von New York die Skyline Manhattans beherrschten...
Nach anfangs schwieriger Quartiersuche finde ich in einer Sackgasse, nur
wenige Minuten Fußweg vor dem Stadttor, ein vorzügliches kleines
Hotel, das Alhambra (mein "Geheimtipp", Mary Street).
Das Glockenspiel dauert etwa sieben Minuten - und wurde an diesem Abend etwa zwei Stunden lang wiederholt!
Job ist Job: Auch im strömenden Regen wirbt dieser Gentleman für Gruselstorry-Lesungen, eine literarische Tradition im ganzen Königreich, wo makabere Geschichten in finsteren Gassen liegen...
Cathedral of St. Peter
So macht Studieren Freude... Nach einem sonnigen
Tag in Birmingham und Coventry begrüßt mich die altehrwürdige
Universitätsstadt Cambridge mit einem Gewitter - ungünstig für
die Suche nach einem Quartier, denn Übernachtung in der englischen
Gelehrtenmetropole ist kostspielig. Schließlich finde ich ein
schäbiges B&B gegenüber dem Youth Hostel, aber besser sechs
Quadratmeter Single-Room für 45 Pfund (!) als schnarchende
Schlafgesellschaft in Jugendherbergen, deren durchschnittliches Besucheralter
allgemein weit über dem liegt, was in die Kategorie Jugend fallen
dürfte...
Die Stadt ist
überwältigend schön, leider kann ich nach dem Regen, in der
Dämmerung kaum noch gute Fotos machen - und am nächsten Tag regnet
es durchgehend...
Alten Windmühlen begegnet
man in Großbritanien relativ selten. Falls gut erhalten, sind sie
zu Restaurants und Souvenirläden umfunktioniert.
Das moderne Pendant hingegen thront häufig in Gruppen auf windigien
Hügeln und vor den Küsten. Auch im Königreich ist die "Verspargelung" der Umwelt
vorangeschritten.
Die Idylle an der englischen Ostküste trügt... In der Hauptstraße des kleinen Badeortes Clacton-on-See hat sich ein kleines las Vegas etabliert - Casinos für Kinder. Am Abend geht es dort zwar etwas ruhiger zu, aber man ist dennoch befremdet, wenn man Kleinkinder mit ihren Vätern und Müttern an brutalen Ballerautomaten hocken sieht... Über die in der folgenden Nacht in London ausgebrochenen Krawalle hat man dann nicht mehr viele Fragen.
Wie viele Flügel hat dieses Windrad an der Küste vor Clacton? Antwort:
Drei, wie jede andere moderne Anlage! Doch die einzelnen Spargel stehen in gerader Flucht hinter der vorderen,
was eine optische Täuschung ergibt....
London... Eigentlich wollte
ich die Metropole an der Thames vermeiden - ich hatte das Vergnügen
bereits vor 20 Jahren und weiß, dass man hier mit dem Auto keine Chance
hat. Doch dann bin ich doch neugierig, wage mich mitten in die City, wo es
auch ruhige Oasen gibt, aber niemals einen freien Parkplatz. Der erste Versuch,
ein günstiges Hotel zu finden, ist ernüchternd: "One seven plus
tax", erfahre ich an der Rezeption, zu deutsch: 170 Pfund und Steuern...
Dazu 35 für den Parkplatz... Den schwächelnden Euro
berücksichtigend käme ich somit locker auf 250 Euro oder mehr -
für einmal Übernachten. Das lasse ich dann lieber aus...
Tower Bridge... Tapfer schlage
ich mich durch den Dauerstau im Zentrum, fotografiere beim Warten aus dem
Auto heraus, teils fahrend durch die Frontscheibe... Keine Chance, im Zentrum
zu parken! Doch der Verkehr ist eine besondere Herausforderung und das muntere
Treiben an allen Ecken und Platzen sorgt zusätzlich für
Adrenalin-Nachschub.
Die Außenbezirke Londons
sind zwar keine Ghettos (wo der Mob die Straßen beherrscht, wie es
die jüngsten Meldungen aus den Nachrichten herüberbrachten), aber
eben auch nicht die vornehme, teure City, aus der ich mich gerade befreien
kann. Bevor ich wieder Land sehe - oder wenigstens die Landstraße -
muss ich noch eine Stunde durch den industriellen Speckgürtel von London.
In Dover angekommen habe ich die Wahl, an der Küste zu übernachten
oder aber gleich die Fähre nach Calais zu nehmen. Letzere ist gerade
startklar - Glück gehabt! Einen Tag nach meinem Abschied aus dem
Königreich eskalieren die Unruhen in London und anderen englischen
Großstädten. Gut für mich und meinen "Clio", dass ich zu
knausrig war, länger dort zu bleiben.
Ich versuche, dem Moloch
der Riesenstadt zu entkommen... Einmal falsch abgebogen und das Abenteuer
beginnt von vorn. Dann eine Lücke im Gegenverkehr - dreist entschließe
ich mich, die Gelegenheit für eine nicht ganz korrekte Wende zu nutzen,
muss dabei eilig einmal zurückstoßen. Der einstige Nachfolger
auf der nun gegenüberliegenden Fahrbahn ruft mir zu: "VERBOTEN!" -
auf deutsch! Er hat mein Kennzeichen erkannt und grinst gelassen herüber.
Yes, gestikuliere ich mit dem Daumen nach oben: Wir Germanen sind manchmal
auch ausgeschlafene Automobilisten - und nicht ganz so tugendhaft wie unser
Ruf. Der Londoner erwidert meine Geste auf gleiche Weise.
Wieder auf dem Kontinent, nehme
ich noch Paris mit. Nach London wirkt die französische Hauptstadt fast
beschaulich. Beim Fototermin an der Seine sind die Profis zugange. Und als
es - wie recht häufig auf meiner Reise - zu regnen beginnt, wird mir
klar: Es ist Zeit heimzukehren, endlich wieder im eigenen Bett zu schlafen
- und wo morgens im Bad alles dort zu finden ist, wo es immer stand.
Es ist nunmehr meine fünfte
Visite in der Stadt, da muss ich die Museen und Sehenswürdigkeiten nicht
mehr abklappern.
Kurz vor den heimischen Wänden in Laubegast,
noch etwas im Reisetaumel, beim Einbiegen in die
Rudolf-Zwintscher-Straße. Großes Gehupe hinter mir. Ein
Fußgänger schreit: BLINKEN! - Ich erschrecke und kapiere: Ich
bin daheeme, in Deutschland... Welcome back home! Welcome to Laubegast!