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Die Seereise beginnt mit einem Schock. Das französische Wort "couchette" suggeriert Noblesse. Was eine derart bezeichnete Innenkabine auf diesem Fährschiff eigentlich ist, kann auch jemand, der bisher keine klaustrophobischen Empfindungen verspürte, das Fürchten lernen: Links, rechts und vorn je ein Drei-Etagenbett auf einer Grundfläche von zwei mal zwei Metern und auch kaum höher als zwei Meter. Das Unheimlichste allerdings ist: Man befindet sich in diesem für 9 Passagiere gedachten Loch zwei Decks unter dem Fahrzeugdeck - und das ist unterhalb der Wasserlinie! Vom Lärm des Motors ganz zu schweigen. In dem schmalen Gang zwischen den Pritschen (ca. 70 cm breit, 140 cam lang) müsste man sich umziehen, sein Gepäck verstauen usw. Als Eingang in dieses Loch fungieren zwei Flügeltüren mit Aussparungen, die wahrscheinlich für ein Minimum an Luftzirkulation sorgen sollen....
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An der Rezeption des Schiffs frage ich nach Alternativen. Es ist noch eine Außenkabine frei - das "Upgrade" kostet 45 Euro. Ich zögere einige Sekunden, aber die Klaustrophobie ist mächtiger als der Geiz. Und ich habe die Kabine für mich allein.
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Dank meines Aufstiegs in die höheren Etagen muss ich heute nicht wie dieser ältere Herr, der den bösen Wolf samt Rotkäpchen verschlungen hat und dessen müdes Haupt gelegentlich von Luv nach Lee kippt, auf die harten Plastiksessel des Außendecks ausweichen.
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Der Dienst an der Bar des Außendecks ist wahrscheinlich einer der entspannten Jobs an Bord, doch es gibt ein Rotationsprinzip... Die etwas überdimensionierten Mayo-, Ketschup- und Senftuben künden davon, dass hier keine kulinarische Extravaganzen zu erwarten sind....
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Nach einer Seefahrt mit (für Landratten) beachtlichem Seegang landet die Norröna (das Schiff in der Bildmitte) gegen Mitternacht in Tórhavn (12.000 Einwohner), der Hauptstadt der Färöer-Inseln. Ich verlasse das Schiff für einen dreitägigen Aufenthalt. Der Zoll winkt alle Fahrzeuge durch. Wer wird angehalten und kontrolliert? Richtig, der Ukulele-Lehrer und sein Aluminium-Packesel. Der Drogenhund darf eine Runde um mich und mein Gepäck schnüffeln. Was wäre, wenn in den 32 Stunden, in denen mein Rad und Gepäck unbeaufsichtigt im Autodeck verblieben, etwas darin versteckt hätte, um es sich andenorts wieder zu holen? Meine Herberge liegt auf einem Hügel über der Stadt, mitten in der Nacht muss ich den Berg hinauf - ganz ohne elektrische Unterstützung, ganz ohne Doping - reinste Willenskraft.
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Erst gegen Mittag lichtet sich der Nebel und ich kann noch eine Radelei an den südlichen Zipfel der Hauptinsel Stremoy unternehmen. Ein mäßiger Anstieg, dann rolle ich über Serpentinen hinab in das Dörfchen Kirkjubøur mit seinen alten Grasdachhäusern - schwer vorstellbar, dass diese kleine, bereits vor einem Jahrtausend gegründete Siedlung einmal das geistliche und kulturelle Zentrum der Färöer gewesen sein soll.
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Die frisch gestrichene Tür der Roykstova (Rauchstube) in einem alten Wikingerhof ist zwar ein Nachbau von 1907, doch das Haus als Ganzes stamme aus dem 11. Jahrhundert und sei damit eines der ältesten erhaltenen Holzhäuser der Welt - der Unseco-Kulturerbestatus wurde bereits beantragt.
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Nicht richtig Hausgans und nicht richtig Wildgans, irgendwas dazwischen - sie scheinen als Schutz vor Wind und Wetter den Schutz dieser alten Tonnen zu schätzen - sie sind also Tonnengänse. Die deutschsprachige Wikipedia weiß über diese Färöer-Gänse noch nichts (Juli 2016), die englische Wiki weiß immerhin, dass diese Gänse die direkten Vorfahren der europäischen Hausgänse sind. Sie leben überwiegend wild und genießen auf den Färöern Artenschutz, dennoch werden sie irgendwann gefangen und gemästet, um es zu einem Weihnachtsbraten zu bringen.
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Fransaterna, unter Ornitologen bekannter als Laurus ridibundus, unter Laien auch schwarzköpfige Lachmöwe genannt. Das Schnattern dieser und anderer schräger Vögel des Nordens klingt eher wie die Alarmanlage eines PKW, nicht ganz so laut, aber ebenso penetrant. Mitunter schnattert ein Pärchen im Wechsel, und eskortiert den Radler auf seinem mühsamen Weg durch die Berge.
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Neben endemischen Vogelarten gibt es auch seltsame Zotteltiere.
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Nichts gegen langes Haar, aber gepflegt muss es sein! Doch das weiße Schafe lässt sich von Opa und Oma nicht belehren. Im verfilzten Fell verheddert sich Gestrüpp und was der Wind in der kargen Landschaft sonst verteilt.
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Die Landzunge Tinganes im Hafen von Tórhavn wirkt wie ein Freilichtmuseum. Ich spaziere ahnungslos durch die leeren Gassen, bis ich an einem Klingelschild lese: Ministerium des Innern. Das auf die Wikinger zurückgehende Thing dient noch heute als Regierungsbezirk des kleinen Inselstaates. Keine Pförtner, keine Wachposten, keine Polizei, noch nicht einmal Schaulustige - da macht Regieren noch Freude.
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Im kleinen Inselstaat leben nicht nur gesetzestreue Menschen wie du und ich. Für Kleinkriminelle wurde eine einstige US-Kaserne (optimal unter traditionellen Grasdächern getarnt) in ein Gefängnis umfunktioniert - zu meiner Überraschung sind alle Tore geöffnet und unbewacht. Doch wie weit kommt man schon, wenn man von einer Insel am Polarkreis fliehen will! Für ärgere Verbrechen wird den Verurteilten allerdings ein Ticket nach Dänemark ausgestellt, denn dort gibt es richtige Gefängnisse.
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Erst am letzten Tag meines Färöer-Aufenthaltes kommt die Sonne durch - für eine größere Radrunde bleibt leider nicht mehr genügend Zeit, ein nochmaliger Abstecher ins färöische "Zentrum der Macht" ist auf dem Weg zum Hafen jedoch machbar.
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Färöerinnen sind die wahrscheinlich kleinsten Frauen der Welt.
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Das Schiff kommt zwei Stunden zu spät. Das lange Warten beim Check-in nervt - die Fahrräder dürfen erst zuletzt an Bord. Und wegen der Reparatur an einem Schornsteine verzögert sich das Ablegen der Norröna weiter.
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Dank der Verspätung bietet sich alledings ein besonderes Naturschauspiel. Die nördlichen Färöer-Inseln schimmern in der Abendsonne.
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Der Aufschlag für eine Außenkabine hätte das Doppelte des Preises der vorigen Passage gekostet, das ist mir zu teuer. Ich nehme mit dem windgeschützten Raucherpavillon auf dem Außendeck Vorlieb. Doch bevor ich meine Isomatte ausbreiten kann, befinde ich mich inmitten einer Musikerrunde, der sich nach Miternacht sogar noch die Bordkapelle anschließt. Ich jamme mit meiner Ukulele und etliche Hörlustige applaudieren unserer spontanen Session.
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Nach einer kurzweiligen, aber trotz diverser Schlaftrünke unbequemen und dazu noch etwas nassen Nacht auf dem Außendeck kommt das östliche Island mit seinen schneebedeckten Gipfeln in Sicht.
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Die Einfahrt ins Fjord der kleinen Hafenstadt Seydisfjördur lockt alle Passagiere aufs Außendeck - noch verhüllt der Nebel die nahe Küste.
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Allmählich löst sich der Nebel auf, vom Deck der Norröna lässt sich die kleine "Stadt" gut überblicken. An Bord habe ich einen jungen Radler aus Lausanne kennengelernt - ich folge seiner Empfehlung, die erste Passstraße mit einem sehr langem Anstieg über die vor uns liegende Fjarðarheiði-Hochebene dem Shuttle-Bus nach Egilsstadir zu überlassen. Dort angekommen decken wir uns mit Bargeld und Proviant ein. Da sich der junge Schweizer über sein Tagesziel noch im Unklaren befindet, schließt er sich meinem Plan an, zur Akklimatisierung zunächst den langgestreckten See Lagarfljót in südwestliche Richtung entlangzuradeln, wo es nach meiner Reiseliteratur einen Zeltplatz gibt.
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Schon nach wenigen Kilometern bemerken wir eine Herde isländischer Pferde, die den Sommer über in freier Wildbahn verbringen. Erst kommt ein Einzelgänger, dann folgt die ganze Herde, uns zu begrüßen. Mit ihren vom Wind zerzausten Mähnen sähen die kleinwüchsigen Pferde aus, als kämen sie direkt aus einem Werbespot für Shampoo, findet Louis.
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Auf dem weitläufigen Zeltplatz im Süden des Sees, der Mythologiegläubige mit einem Lochness-Geschwister namens Ormurinn zu locken versucht, schlagen wir unsere Zelte auf. Eine Rezeption gibt es nicht, dafür kommt am nächsten Morgen eine Kassiererin mit Kartenlesegerät - Bargeld hat sich in den skandinavischen Ländern schon weitestgehend selbst abgeschafft. Ich versuche es trotzdem mit Barzahlung - das wird offenbar auch noch akzeptiert...
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Mein jugendlicher Reisegefährte (19) kann sich immer aufs Neue für teure Allrad-Fahrzeuge begeistern, besonders für dieses Wohnzimmer auf Rädern. Zugegebenermaßen bietet ein derartige Reisebehausung deutlich mehr Komfort als das kleine Quechua-Wurfzelt, in dem ich mit Kopf und Füßen die Polyesther-Haut touchiere. Mehr als um das Wohnmobil mit seiner Behaglichkeit beneide ich den Fahrer um seine lesende (schweigsame) Reiseleiterin.
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Ein Bäumchen ist in den nordöstlichen Hochebenen eine Rarität, die es mittels Zaun vor schier unermüdlich fressenden Schafen zu schützen gilt.
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Wer sich mit eigener Muskelkraft die langen, endlos wirkenden Kurven hinaufgekämpft hat, wird mit Blicken ins Schwanenparadies belohnt und kann die Stille der Bergwelt genießen, die gelegentlich nur vom Tirilieren langschnabeligen Vogelvolkes unterbrochen wird.
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Von einer Brücke fällt der Blick in eine tiefe Schlucht, die sich der Jökla in den felsigen Untergrund geschnitten hat - der zweitlängste Gletscherfluss Islands ist durch den Hálslón-Stausee des Kárahnjúkar-Kraftwerks zwar gezämt, dennoch gehört die Fahrt entlang seiner Ufer für mich zu den überwältigendsten Abschnitten der Ringstraße.
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Die Straße ist mit Kaskaden von Wasserfällen gesäumt, deren schäumende Wassermassen den Jökla auffüllen.
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Bodenerosion und wilde Flüsse verändern den Lauf der Bäche und Flüsse ständig. Den Schafen, die an diesem erodierenden Abhang Schutz vor dem Wind des Hochlandes suchen, kann es nur recht sein.
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Wo sich die dünne Erdnabe des Hochlandes dank sumpfiger Flächen halten kann, wurzeln vereinzelt Wollgräser.
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Ich streiche über das wuschige Büschel des Blütenstandes - so zart, so weich.
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Ein Wechsel des in den ersten vier Tagen freundlichen und milden Wetters deutet sich an. die Zusammensetzung der Straßendecke ist für kühlere Bedingunen gemacht. Deshalb gibt der weiche Asphalt unter den Reifen unserer schwer bepackten Räder nach, Bläschen eingeschlossener Luft platzen knackend auf.
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Etwas abseits der Ringstraße, nach acht schwierigen Kilometern Schotterstraße gelange ich zu einem beschaulichen Campingplatz inmitten der steppenartigen Landschaft Möðrudalsöræfi. Auf dem seit der Besiedlung Islands bestehenden Bauernhof namens Möðrudalur finden sich wenige feste Behausungen, aber eine Kirche, ein Restaurant, ansonsten viel Weide für Schafe - gleichzeitig der Campingplatz, der überwiegend von Wohnwagen besetzt ist. Insofern täuscht die Idylle, welche diese Foto vermittelt.
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Im mitternächtlichen Zwielicht des Polarkreises.
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Kurze Zaunslatten werfen meterlange Schatten - grell blendendet Licht der Mittenachtssonne.
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Die Katze in ihrer unendlichen Gelassenheit scheint zur frühen Morgenstund den "Sanitärtrakt" zu bewachen. Doch sie weiß auch, wie fotogen sie ist, und käme nicht im Traume darauf, anderes zu tun als sich vom Nichtstun auszuruhn.
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Eine Tagesradelei weiter treffe ich auf die brodelnden Schlammlöcher des Námafjall - unweit des vulkanisch aktiven Gebietes beim See Myvatn. Ein Dutzend Reisebusse stehen auf dem Parkplatz direkt an der Ringstraße, das sorgt für reichlich Publikum..
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Wo viele Leute sind, ist viel Knipserei. Wo viele junge Leutinnen sind um so mehr.
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Nicht jeder Parfümverkäuferinnen-Nase können die schwefelhaltigen Ausdünstungen aus den Gedärmen von Mutter Erde schmeicheln.
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Der Ufer des Sees Myvatn (Mückenwasser) bestehen aus erstarrter Lava. Während Louis bereits sein Zelt aufgebaut hatte und mit dem Wechseln zweier Speichen seines Rades beschäftigt ist, überrascht uns einheftiger Regenguss. Wir sind uns schnell einig, zu dem anderen Zeltplatz oberhalb der Ortschaft zu wechseln, wo es ein Restaurant gibt, das angesichts des nassen Wetters auch ein paar trockene Abendstunden garantiert.
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Nördlich Reykjahild verlassen wir am Morgen die Ringstraße und biegen zur Küstenstadt Husarvik ab, Hauptstadt der Whale Watcher, für Louis ein Muss, für mich ein Kann. Ich schließe mich seinem Vorschlag an. Weitere Radwanderer begegnen uns im hügeligen Gelände einer Hochebene.
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14 Prozent Gefälle als Abfahrt! Doch auf einer Schotterstraße ist das kein Anlass für Freudensprünge. Mitunter muss ich wegen des Gerölls sogar absteigen. Schlimmer aber ist: Der nächste Regen erwischt mich eiskalt von hinten, mitten in den Bergen. Nirgends kann ich mein Rad anlehnen, um schnell noch mein Regencape überzustreifen. In wenigen Minuten bin ich klatschnass und das bei Temperaturen, die plötzlich unter 10 Grad sinken.
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Nach einer erschöpfenden Stunde im kalten Regen erreiche ich die Ortschaft Heiðarbær und suche in einem Restaurant Schutz. Dort gibt es auch eine Wiese für Zelte, aber bei dem Wetter? Ich ziehe die Schlafkabinenenhalle vor, in der ich heute zum Glück der einzige Nachtgast bleibe. Am Abend könnte es allerdings dennoch laut werden, sagt der Wirt, denn das EM-Spiel Island gegen England steht an und der TV-Beamer steht halt in der Halle mit den (offenen) Schlafkabinen.
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Nach dem überraschenden "Brexit" des britischen EM-Teams scheint wieder die nächtliche Sonne, als sei nichts gewesen, und ich nehme erneut ein Bad in dem mit Thermalwasser gespeisten Pool der Herberge. Einige Schweizer und ihre Freundinnen hocken schon im Warmen, später gesellt sich ein Pärchen aus Bremen und einer der Musiker vom Schiff mit seiner Freundin dazu.
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Erst zwei Tage später - es hatte sich eingeregnet - kann ich weiterradeln. Statt nach Husarvik kürze ich nun querfeldein Richtung Akureyri ab und gelange nach Überwindung einiger Hügel in ein weites Tal namens Aðaldalur, durch das sich ein Flüsschen namens Laxá windet.
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Zu einer der Sehenswürdigkeiten des Tales gehört die kleine Siedlung Grenjaðarstaður mit ihren alten Grasodenhäuschen.
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Nach mühsamem Schieben auf einer Passstraße rolle ich direkt zum mächtigen Godafoss, dem Wasserfall der Götter, hinunter. Dort begegnen ein Liegedreiradler und andere nette Leute, die mich bitten, von ihnen einen Foto mit Wasserfall zu machen.
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Nach einem weiteren Pass fällt mein Blick in das größte Fjord Islands, wo mein heutiges Ziel, die Hafenstadt Akureyri, liegt.
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Akureyri - die mit 18.000 Einwohnern zweit-"größte" Ortschaft Islands wird offenbar besonders gern von jugendlichen Touristen besucht. Doch auch in der Backpacker-Provinz scheint das Nachtleben auf eine überschaubare Kneipenmeile beschränkt zu sein - anhaltender Regen zwingt mich zu einer zweiten Übernachtung. Nach drei Tagen teffe ich Louis wieder. Wir wägen die Schlechtwetteroptionen der vor uns liegenden Strecken ab. Was, wenn es weiterhin regnet? - Noch länger in Akureyri bleiben oder mit dem Bus bis Hvervellir, jener einzigen "Oase" in der Steinwüste der durchs westliche Hochland führenden Kjölur-Route.
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Die Option, den im Hochsommer täglich einmal verkehrenden Linienbus zu nehmen, erhält den Zuschlag. Der allseits beliebte Lonely Planet-Reiseführer lässt seine Leser wissen, die Kjölur-Route sei "vermutlich die einzige" per Radel passierbare Hochlandstraße. Das bedeutet, die Autoren wissen es nicht und haben sich auch nicht die Mühe gemacht, es heauszufinden. Der Pass ist eine endlose Schotterstraße, selbst Schieben ist schwer. Man sieht den Gesichtern derjenigen, die es dennoch wagen, dan, dass hier selbst abgehärtete Naturen die Freude am Sport verlässt.
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Hveravellir - the middle of nowhere. Wo sich bis vor hundert Jahren nur isländische Outlaws versteckten, gibt es eine heiße Thermalquelle, die unentwegt ein natürliches Basin flutet - das nebenher fließende eisige Gletscherflüsschen lässt sich mit Schläuchen anzapfen, so dass sich die Temperatur in der Riesenbadewanne regulieren lässt. Mit meterbreiten Reifen ausgestattete Allrad-Toyotas und geländegängige Reisebusse bringen zahlreiche Besucher in die Badeoase des Hochlandes.
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Angesichts des besonders kühlen Kleinklimas zwischen den Gletschern des Langökull und Hofsjökull überrascht mich die blühende Flora, die sich einzig der Thermalaktivität verdankt.
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An den stinkenden Dampf, den Mutter Erde ausspeit, gwöhnt man sich mit der Zeit.
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Einige Hartgesottene ocken in klammen Zelten. Ich ziehe ein festes Dach über dem Kopf vor. Für umgerechnet 50 Euro teile ich den Schlafraum mit gut zwei Dutzend Leuten aus aller Schnarcher und Schnarcherinnen Länder, die sich ein WC, ein Waschbecken und ein Tischlein müssen. Ein deutscher Motorradfahrer begrüßt jeden Ankömmling mit den selben geistlosen Fragen, um anschließend über die besonderen Herausforderungen an seine "Off-Road"-Fahrkünste labern zu können. Ich möchte mich von meiner Erkältung erholen, doch der Mann labert und labert, bis ich ihm erkläre, dass er nervt.
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Am nächsten Tag regnet es weiter. Ich falte mein Faltrad und verstaue es im Kofferraum des mittags eintreffenden Linienbusses. Sonstige Räder lassen sich am Heck des geländegängigen Busses befestigen.
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Gelegentlich unterbricht ein wilder Flusslauf die Monotonie der grauen Steinwüste. Ein Blick aus dem vom Sauwetter verdreckten Seitenfenster lässt meinerseits keine begründeten Zweifel an der Substanz meiner Weichei-Entscheidung aufkommen. Man ist ja schließlich keine 19 mehr...
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Wer sein Rad liebt, nun ja, der schiebt... Neben Ehrgeiz gehört eine gute Portion Leichtsinn dazu, die Wetterlage zu ignorieren und sich auf geröllartigen Strecke durch den eisigen Regen zu kämpfen - die nächste Hütte ist etwa 70 Kilometer entfernt...
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Bei der Hütte am Gletschersee Hvítárvatn treffe ich ein letztes Mal meinen temporären Reisegefährten Louis, der sich den Ehrgeiz, die zweite Hälfte der Kjölur-Route zu pedalieren, nicht nehmen ließ. Respekt! Mir bleibt nur, ihm zu seinem Erfolg zu gratulieren. Trotz bevorstehender Reparaturen (unter anderem infolge erneut gebrochener Speichen) kann sich Louis für mein Erinnerungsfoto ein lässiges Lächeln aufsetzen.
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Auch andere tollkühne Pedalritter lassen sich dieses letzte Abenteuer der beradelbaren Welt nicht nehmen - in der Gruppe ist sowohl die gegenseitige Motivation als auch die Chance auf Hilfe in der Not größer...
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Robust profilierte Reifen und gute Federung sind in diesem Gelände von Vorteil. Gute Reifen habe ich mir auch zugelegt, doch Federung habe ich keine.
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Der nächste Fotostopp ist beim mächtigsten aller isländischen Wasserfälle.Der Gullfoss kann heute nur deshalb von täglich Tausendenden Besuchern bewundert werden, weil isländische Naturschützer vor hundert Jahren sich dem geplanten Umbau in ein Wasserkraftwerk widersetzen. Mit ihrer nunmehr legendären Drohung, sich andernfalls in den Fall zu stürzen, ging die in der Nähe wohnhafte, damals 46-jährige Sigríður Tómasdóttir in die Geschichte ein.
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Kaum 15 Busminuten weiter ist die Ortschaft Geysir erreicht, die zum Namenspaten aller geothermalen Wasserfontänen wurde. Etwa alle sieben Minuten übersteigt der Druck des unterirdischen Kochtopfs den Widerstand der Atmosphäre und entlädt eine bis zu 20 Meter hohe Wasserfontäne aus einem zweimeterbreiten Erdloch. Während die Wassersäule schnell kolabiert, bleibt die Dampfhülle noch ein Weilchen erhalten, ehe sie im Winde verweht.
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Die touristischen Höhepunkte des "Gullni hringurinn" (Goldener Ring) sind abgehakt, auf dem weiteren Weg bis in die Hauptstadt Reykjavik kann auch die junge Reiseleiterin, die eigentlch nur als Schaffnerin und gelegentliche Dolmetscherin mitfährt, ein Nickerchen machen.
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Das alle anderen Gebäude überragende Wahrzeichen Reykjavíks ist die auf einem Hügel platzierte Hallgrímskirkja, die ihre betongraue Herkunft der Monumentalarchitektur der 30er Jahre verdankt, deren Bau jedoch erst 1945 beginnt und erst 1986 vollendet wird.
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Vom 75 Meter hohen Turm der Kirch fällt der Blick über die Dächer Reykjavíks und zu den Klippen hinter der weiten Bucht.
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Die Innenarchitektur verzichtet auf Schnürkel, aber das Wechselspiel von Licht und Schatten ist um so raffinierter inszeniert.
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Besonders bin ich vom Klang der modernen Orgel (Johannes Klais Orgelbau, Bonn 1992) beeindruckt. Beim sonntäglichen Gottesdienst weist die Pastorin beiläufig auf das abendliche Konzert des holländischen Organisten Leo van Doeselaak hin. Und das lasse ich mi nicht entgehen.
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Auf dem Rückweg vom einstündigen Orgelkonzert ist es unmöglich, sich dem Menschenstrom zu entziehen, der zu jenem Hügel führt, von dem Zigtausende Fußballfreunde ihre Mannschaft im EM-Viertelfinale gegen Frankreich anfeuern wollen.
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Jeder kleine Junge weiß inzwischen: Auch große Fußballer haben einmal klein angefangen.
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Sehen und gesehen werden, Dabeisein, Dazugehören ist alles.
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Groß und Klein starren gebannt auf die Leinwand am Fuße des Hügels.
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Zum Entsetzen der Isländer fällt bereits in der 12. Spielminute das erste Tor für Frakkland (Frankreich), gefolgt von einem zweiten in der 20. Minute.
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Die weiteren Treffer der Franzosen dämpfen die Erwartungen der Isländer.
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Je später der Abend desto blendender die Abendsonne, die Stimmung auf dem Hügel ist mittlerweile lethargisch. Zur Halbzeit steht es 4 : 0 für Frakkland. Etliche Zuschauer geben auf und begeben sich auf den Heimweg.
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Den Nachfahrinnen und Nachfahren der Wikingerinnen und Wikinger verlieren die Hoffnung.
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Die Reporterin muss ihren Job dennoch zu Ende machen.
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Am Ende steht es 5 z: 2 für Frakkland.
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Vorbereitung der Abendnachrichten...
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Dabei sein war alles. Doch schon am nächsten Abend versammeln sich viele Isländer erneut um die Statue ihres historischen Nationalhelden Ingólfur Arnarson.
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Die heimkehrende EM-Mannschaft wird mit dem originären Hu-Ritual zu begrüßt.
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Mit diesem Pelz wäre mir der letzte Rest einer sich anbahnenden Erkältung vielleicht erspart geblieben... Jetzt muss ich mich entscheiden! Weitere teure Übernachtungen zum Auskurieren meiner Erkältung bezahlen oder die Flucht nach vorn antreten.
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Mit dem Rad ist der von Reisebussen stark befahrene Südwesten Islands kein Radlerparadies, die bedeutendsten Naturschauspiele des Goldenen Rings habe ich gesehen. Ich ziehe die vorzeitige Heimkehr in Betracht.
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Am nächsten Morgen lasse ich die isländische Hauptstadt hinter mir, indem ich mit dem Bus an der Südküste ostwärts fahre. Der halbstündige Fotostopp am Seljalandsfoss entschädigt für das anfangs unermüdliche Mikrofongequassel des Schaffners.
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Das Besondere am Seljalandsfoss ist, dass man zwischen einem Felsvorsprung und den stürzenden Wassermassen hindurchwandeln kann.
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Bizarre Klippen in der Bucht von Vik, was zu deutsch Bucht bedeutet, wie mir der reiseleitende Schaffner erläutert.
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Nach Fahrerwechsel und Rückbeorderung des überqualifizierten Schaffners, mit dem ich in entspannter Atmosphäre noch ein Weilchen über Sinn und Unsinn seines Informationsmülls diskutierte, bin ich schließlich der einzige Fahrgast im Bus.
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Hvannadalshnúkur, der höchste Gipfel Islands ist von dicken Wolken umhüllt, nur eine Zunge des zum Skaftafell-Nationalpark gehörenden Öræfajökull-Gletschers lugt aus dem vulkanischen Bergmassiv hervor, das größtenteils vom riesigen Vatnajökull-Gletschers bedeckt wird. Ich bitte den Busfahrer um einen Fotostopp und er geht ohne Zögern auf den Wunsch seines einzigen Fahrgastes ein. Doch der bereits während der Fahrt aufgenommene Schnappschuss ist unerwarteter Weise besser gelungen.
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Planmäßiger Höhepunkt dieser Etappe ist der einstündige Stopp an der Eisberg-Lagune Jökulsárlón. Amphibienfahrzeuge verkürzen einigen Reisenden die Zeit. Der Blick vom Ufer auf die schwimmenden Eisbrocken und diese bestaunendes Volk ist kostenlos.
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Was kann erregender sein als der Anblick einer fröhlichen Südländerin vor eisiger Naturkulisse?
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Richtig, zwei fröhliche Südländerinnen vor eisiger Naturkulisse. Was aber ist besser als zwei fröhliche Südländerinnen vor eisiger Naturkulisse?
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Ein absolut cooler Typ, der Wind und Sonne den kalten Rücken zeigt.
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Wer mal muss, muss Schlangen stehen.
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Der größte Diamant der Welt.
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Liebreizendes Weibervolk.
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Der Zeltplatz der kleinen Ortschaft Höfn liegt idyllisch an einem See.
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Der Elektroherd ist nicht das Glanzstück des Platzes.
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Neben mir campiert ein junger Backpacker aus Chicago. Wir unterhalten uns über Island - und noch mehr über Amerika.
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Am nächsten Tag geht es mit dem Bus weiter bis Egilsstadir und von dort versuche ich nachmittags die Passstraße nach Seyfisfjördur zu überwinden. "It's doable" - es ist machbar, sagte die junge Frau vom Tourist Info. Doch mir läuft die Nase und angesichts des ersten Anstiegs bin ich nicht mehr so tollkühn, mir einzureden, die serpentinenreiche Straße über die Fjarðarheiði-Hochebene zu schaffen. Ich schnalle das Gepäck ab, falte das Faltrad zusammen und halte den Daumen in den Wind.
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Nach einer halben Stunde hält ein VW-Kleinbus mit deutschem Kennzeichen, sein Fahrer fragt mich nach meinen ersten verschnieften Worten, ob ich auch Fieber hätte. Der pensionierte Arzt rät mir, mich nicht nur bis zum höchsten Abschnitt des Passes, sondern bis in die Hafenstadt mitzunehmen.
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Ich beuge mich der Stimme der Vernunft und überlasse ihm auch die 20 Kilometer lange Abfahrt in die Hafenstadt Seydisfjördur. Im Quartier genieße ich ein warmes Bad und die selbstgebackenen Cookies der Wirtin, die mich darüber hinaus mit richtiger Medizin versorgt..
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Zwei Tage geht es nun über See - und zwei Nächte: 49 lange Stunden bis zum Hafen von Hirthals im Norden Dänemarks. Wieder frage ich nach einer Außenkabine, doch dafür werden nun umgerechnet 350 Euro verlangt! In welchem Verhältnis steht das zu den 45, die ich bei der Hinfahrt für eine Nacht draufzulegen hatte? Der kurze Zwischenstopp in Tórhavn erfolgt nachts um drei. Außer mir können sich zwei Dutzend weiterer Passagiere nicht mit dem Gedanken anfreunden, auch nur eine Minute in der klaustrophobischen Enge der "Couchettes" zu übernachten. Ich begegne dem Ehepaar aus Bremen, die ich in einem Pool kennengelernt hatte. Die beiden überlassen mir tagsüber stundenweise ihre Kabine. So kann ich wenigstens etwas Schlaf nachholen und duschen.
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Zwischen Norwegen und Shottland herrscht reger Schiffsverkehr - vom Schlachtschiff bis zum Container-Riesen. Aber auch Nussschalen wie diese schaukeln über die Wellen. Die meisten Passagiere starren in die Fernsehgeräte. Während die deutsche Elf das Glück verlassen hat, womit ihr Einzug ins EM-Finale verspielt ist, blicke ich offenbar als Einziger im schwimmenden Lokal aufs schäumende Meer hinaus und bemerke den in höchstens 20 Meter Abstand absolvierten Luftsprung eines Wales, der nur einen "Augenblickska" (isländisch für: es geht gleich weiter!) dauert.
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Nach der Landung schaffe ich noch 40 Kilometer an der windigen Westküste. Doch die größte Wanderdüne Europas treibt mir Sand ins Gesicht, das erschwert das Radeln. Auf einem Campingplatz nahe des dänischen Urlauberkaffs Løkken verbringe ich die Nacht im Fernsehraum - außer mir ist niemand dort. Und es läuft eine Hollywood-Schnulze mit Elvis Presley in der Hauptrolle, anschließend ein Elvis-Konzert aus den frühen 60ern. Der dänische Wetterbericht kündigt für heute Nacht und die kommenden Tage Regen an - und der lässt auch gar nicht lange auf sich warten, schon klatschen die ersten Tropfen gegen die Scheiben. Das Sofa eignet sich trotz seiner Kürze durchaus auch zum Schlafen. Ein Platzwärter, der nachts nach dem Rechten schaut, stört sich nicht daran, mich im Schlafsack vorzufinden. Auch die Chefin schaut am frühen Morgen nach dem Rechten, beanstandet mein alternatives Nachtlager aber nicht.
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Hier endet der Teil meiner Sommerradelei, der leider nur teilweise durchführbar war. Die Fortsetzung und Modifizierung von Plan B zu Plan C folgt im Bericht über Thyskaland.