• Die folgenden Fotos wurden 1994 mit einer Spiegelreflexkamera (aus dem Hause Pentacon, ein DDR-Fabrikat) aufgenommen, im Laufe der Jahrzehnte haben die Dias etwas gelitten - ich bitte um Nachsicht, für die nicht mehr ganz zeitgemäße Bildqualität.

  • Auf dem letzten Weg ins Paradies begegne ich Gadaba-Frauen, deren Dorf liegt in der Nähe und deshalb gibt es einen Abstecher in ihr Dorf.

  • Ein leises Hallo reicht, um den Fährmann vom anderen Ufer herbeizurufen. Ich besteige gleich ein Boot, wie ich es nur aus dem Berliner Völkerkundemuseum kenne! Ab hier gibt es kein Zurück - am anderen Ufer werde ich ein Fleckchen Erde betreten, wo andere soziale Regeln herrschen als jene, die mir vertraut sind. Ohne das Wohlwollen der Einheimischen würde ich von da nicht wieder heimwärts finden...

  • Nach einer halbtägigen Wanderung und der Querung eines Flusses betrete ich einen der wenigen Orte der Erde, wo die Hauptbeschäftigung der Menschen das Singen, Tanzen und Lachen zu sein scheint... Das Volk der Didayi nimmt mich freundlich auf - ich bin nicht der erste Ethnologe, der hier auftaucht. Wie die anderen Stämme feiern die Didayi eine Art Erntedank, jeden Tag ein bisschen - ich komme genau zur besten, zur fröhlichsten Zeit des Jahres. Nach dem Schock von Kalkutta und nach der beschwerlichen Aneise mit abenteuerlichen Verkehrsmitteln ist dieses versteckte Dörfchen hinter den sieben Bergen für mich das Paradies auf Erden.

  • Mein erster Abend weit ab aller elektrifizierten Zivilisation entschädigt mich für die Strapazen der Reise. Ein bisschen gelblich kommt mir das Licht überall vor, als sei die indische Luft mit Curry angereichert, wonach sie oft auch riecht, nach allerlei anderen exotischen Gewürzen ebenso - und nach verglimmenden Bidis und Rauch von unzähligen Feuerstellen...

  • Alle wollen den großen Mann sehen, das Bleichgesicht, das - mit Sandalen an den Füßen - in ihre schuhlose Welt gewandert kommt, weil seine Füße, das Pieksen von Steinen und Stacheln nicht gewohnt ist... Ich bin beim Stamm der Didayi zu Gast, ein sehr freundliches Völkchen, das sich für mich nicht weniger interessiert als ich für sie.

  • Musik öffnet Türen - wie gut, dass ich eine kleine Gitarre dabei habe... Ukulelen kannte ich damals nur von Südseebildern.

  • Musizieren mit Blasinstrumenten und einigem Gerassel ist Männersache, alle anderen tanzen...

  • Singen ist Frauensache, ihr Gesang von betörender Harmonie. Keine noch so schwärmerischen Worte können beschreiben, was ich erlebe und empfinde, als am Abend ein Einbaum mit einer Gruppe singender Frauen über den See treibt und nichts als der Klang ihrer Stimmen zu hören ist. Der Einbaum ist schon ausßer Sichtweite, doch die Stimmen sind noch immer ganz leise zu hören - nichts stört die Idylle. Es ist wie ein schöner Traum und doch alles real und wahr - und ich darf das erleben! Ich könnten heulen vor so viel Glückseligkeit.

  • Beim Reigentanz sind alle vereint - Mädchen und Jungen, Männer und Frauen, Jung und Alt - ich werde "integriert", so gut es geht...

  • Harter Tobak... An das Rauchen indigener Zigarrillos gewöhne ich mich genauso schnell wie ans Trinken selbstgemachten Palmenweines aus einer Kalebasse - die wird im Kreis herumgereicht und niemals mit dem Mund berührt. Der Inhalt des langhalsigen Gefäßes wird also in den Mund geschüttet, was bei meinem ersten Versuch lustig daneben geht - mein Ungeschick macht natürlich allen Beteiligten viel Spaß.

  • An ähnlichem Ungeschick wie bei meinem ersten Trinken aus der Kallebasse möchte man sich auch bei meinem Umgang mit Pfeil und Bogen ergötzen... Doch nach einigen Kallebassen "Zielwasser" hantiere ich damit sehr souverän - und versetze einem taumelnden, bereits angeschossenen Spatz den Gnadenschuss. Meine unerwartete - mich selbst überraschenden - Fähigkeiten als Jäger sprechen sich in Windeseile in entfernte Dörfer herum - überall, wo ich eintreffe, stehen die Bewohner Spalier...

  • Das Oberhaupt eines befreundeten Dorfes begrüßt mich mit Komplimenten zu meinem jägerlichen Geschick. Wie es Brauch ist, tauschen wir kleine Geschenke aus - aber langsam gehen meine Feuerzeuge aus - und die schicken Filterzigaretten aus dem Duty Free sind längst schon ver(b)raucht...

  • Bei herrlichem Nichtstun senkt sich die Abendsonne ins Dorf...

  • Und bald bleibt im Schatten eines Baumes kaum noch Licht, die beiden Schönheiten aus einem Gauguin-Gemälde zu fotografieren...

  • Kein Abend, ohne auf den Berg zu steigen und frisch vergorenen Palmensaft zu ernten - und gleich vor Ort etwas anzuwärmen und zu trinken... Manchen Abend sitze ich mit dem Stammeshäuptling eine gefühlte Stunde unter der Weinpalme, die untergehende Sonne anzuschweigen - Zeit spielt keine Rolle und seine Gedanken behält jeder für sich... Ich genieße es, nicht dauernd ein Gespräch verfolgen zu müssen, nicht antworten zu müssen. Wie herrlich ist es, wenn man sich nur durch Gesten verständigen kann... Ein Blick in die Ferne sagt alles: Hier ist Frieden und Ruhe.

  • Ein Tag beginnt mit dem ersten Hahnenschrei. Sobald Kühe und Hühner gefüttert sind, ist "Zeit zur freien Verfügung"... Bis die Frau des Hauses in einem Kohlblatt das Frühstück - Reis mit scharfer Linsensuppe - serviert, ist Zeit für eine Kalebasse Palmenwein.

  • Wasserholen ist Aufgabe der Kinder.

  • Um die Götter gnädig zu stimmen, gehört zu den Ritualen des Häuptlings das Opfern dreier Hühner - insbesondere der Schlangengott wird darum gebeten, dem Dorf die giftigen Kriechtiere fernzuhalten.

  • Siesta... Viel Zeit zur freien Verfügung... Den lieben langen Tag Zeit für herrliches Nichtstun. Den vom Kultus und Speiseplan der Menschen noch verschonten Hühnern bei einem Streit um einen Wurm zuschauen, gehört zur Schule fürs Leben.

  • Nach vier Wochen verabschiede ich mich von meinen freundlichen Gastgebern - der ganze Stamm versammelt sich... Es gehört zur guten Sitte, einige Sachen, auf die der eine oder andere schon ein Auge geworfen hatte, zu verteilen. Auch durch Komplimente lässt sich andeuten, dass man gern selbst Besitzer dieses oder jenes Taschenmessers wäre. Die Beschenkten salben mich ehrenvoll, die noch nicht beschenkten salben mich ebenso... Beim Abschied trieft mein Haar von Öl.

  • Ein letztes Mal fahre ich mit dem Einbaum - etwas wehmütig, dass mein Ausflug ins Paradies schon zuende geht.